Informationen zur Ausbildung in Werteorientierter Supervision

"Ein Supervisor ist folglich ein Fachexperte, der über eine zusätzliche Qualifikation verfügt, die ihm die Fähigkeiten und Fertigkeiten an die Hand gibt, eine Praxisberatung (in der Regel für bereits Ausgebildete) unter Beachtung spezifischer Kriterien durchzuführen." (Waldemar Pallasch)

Dieses Ausbildungsmodul wird nur im Rahmen von Logotherapie II angeboten.

Supervision - eine theorieorientierte Praxisform unter Einbeziehung der verschiedenen Persönlichkeitsbezüge

Supervision entwickelte sich zum Ausgang des letzten Jahrhunderts aus der nordamerikanischen Sozialarbeit. Vor allem in den letzten beiden Jahrzehnten erfuhr die Supervision eine enorme Aufwertung und breitet sich auf unterschiedliche und verschiedenartige Arbeitsfelder aus. Die Supervision findet heute vor allem im sozialen Bereich, im medizinischen Bereich, im Aus- und Weiterbildungsbereich, im Bereich der freiwilligen beruflichen Selbstkontrolle, im psychotherapeutischen Bereich und im beraterischen Bereich statt. Sie kommt zur Anwendung als Einzel-Supervision, Gruppen-Supervision, Team-Supervision und Peer-Group-Supervision.

Es gibt bis heute keine geschlossene und allgemein anerkannte Theorie der Supervision. Das Fehlen eines geschlossenen und allgemein anerkannten Theoriegebäudes ist jedoch keineswegs ein Defizit, weil alle geschlossenen Theoriegebäude immer nur zeitlich begrenzt Gültigkeit haben und Vielfalt verhindern. Allerdings ist es unerläßlich, dass die vielfältigen Supervisionskonzepte, die sich in den letzten Jahrzehnten herausgebildet haben, selbst theoretisch hinreichend fundiert verankert sind. Jedes Supervisionskonzept muss ein umfangreiches Theorie-, Methoden- und Interventionsinstrumentarium beinhalten, wenn es den vielfältigen Herausforderungen und Anforderungen der Praxis gerecht werden soll. Supervision bezieht die verschiedenen Persönlichkeitsbezüge des Supervisors und Supervisanden, je nach Konzeptionsansatz und Schulrichtung allerdings unterschiedlich akzentuiert, in ihre Betrachtungen mit ein: die intrapsychischen, interpersonalen, transpersonalen und sozialen Beziehungsgefüge.

Über die Notwendigkeit der Wandlungen

"Betrachte unaufhörlich, wie alles Werdende kraft einer Umwandlung entsteht, und gewöhne dich so an den Gedanken, dass die Allnatur nichts so sehr liebt, wie das Vorhandene umzuwandeln, um daraus Neues von ähnlicher Art zu schaffen; denn alles Vorhandende ist gewissermaßen der Same dessen, was aus ihm werden soll. Du aber stellst dir nur das als Samen vor, was in die Erde oder in den Mutterschoß fällt. Das ist ganz oberflächlich gedacht. Mancher fürchtet sich vor der Verwandlung. Was kann denn ohne Verwandlung werden? [...] Kannst du selbst auch nur ein Bad gebrauchen, ohne dass das Holz sich verändere, oder Nahrung genießen, ohne dass die Speisen sich verwandeln? Oder kann sonst etwas Nützliches ohne Verwandlung zur Vollkommenheit gebracht werden? [...]" (Marc Aurel)

Der Ansatz der Werteorientierten Supervision

Die zunehmende Unübersichtlichkeit und Komplexität der Lebenswelten und die Aufweichung und Aufhebung traditioneller Orientierungsleitlinien fordert den Einzelnen, aber auch Gruppen, Teams, Institutionen und Organisationen heraus, ein eigenes Orientierungsleitsystem zu erarbeiten und als Grundlage und Richtungsweiser für Einstellungen, Verhalten und Handeln zu verankern. Das eigene Orientierungsleitsystem resultiert aus einem Gefüge von Werten. Es hat Richtungs- und Wegweiserfunktion und muss beständig situations- und aufgabengemäß in konkretes Planen, Entscheiden, Organisieren und Handeln umgesetzt werden.

Im Rahmen des Werteorientierten Supervisionsansatzes werden in einem ersten Schritt die sinntragenden Wertegefüge von Einzelpersonen, Gruppen, Teams, Institutionen oder Organisationen ermittelt. In einem zweiten Schritt werden die Werte als Orientierungsleitlinien situations- und herausforderungsspezifisch konkretisiert und in verantwortliches Handeln und Tun umgesetzt. Diskrepanzen, Spannungen und Konflikte beruhen im Lebensvollzug immer auf der unterschiedlichen Gewichtung und Konkretisierung von Werten. Wertekonflikte finden wir:

auf der intrapersonalen Ebene als Konflikte zwischen den Werthaltungen verschiedener Teilpersönlichkeiten.

auf der interpersonalen Ebene als Konflikte zwischen den Werthaltungen verschiedener Menschen.

auf der transpersonalen Ebene als Konflikte zwischen den gewollten (und vielleicht auch gesollten) Werten und den tatsächlich gelebten Werten.

auf der sozialen Ebene als Konflikte zwischen Gruppen, Teams und Organisationen.


Der werteorientierte Supervisor macht im Supervisionsprozeß vor allem die einstellungs- und handlungsleitenden Werte und Wertgefüge bewusst, fragt nach ihrer Akzeptanz, sucht nach sinnvollen Umsetzungs- und Konkretisierungsmöglichkeiten und baut gemeinsame Wertgefüge als verbindliche Orientierungsleitlinien auf. Werteorientierte Supervisoren verstehen sich in erster Linie als Experten für den Umgang mit Herausforderungen und Fragestellungen aus der Berufs- und Arbeitswelt und nicht so sehr als Experten für Lösungen. Die Supervisanden sind herausgefordert, ihre eigenen konkreten Lösungskonzepte zu erarbeiten und umzusetzen und die Verantwortung für die Folgen, die sich aus der Entscheidung für eine bestimmte Lösungskonzeption ergeben, zu übernehmen.

Supervision im Ansatz der Werteorientierten Supervision basiert auf einem breiten und fundierten Theoriegebäude: der Existenzanalyse und Logotherapie Viktor E. Frankls, der Psychosynthese Roberto Assagiolis und verschiedenen kommunikations- und problemorientierten Ansätzen (Watzlawick, Beck, Ellis, Meichenbaum, …). Das Menschen- und Weltbild der Werteorientierten Supervision fußt auf den beiden Grundpfeilern: Freiheit (vor allem im Sinne eines Wozu) und Verantwortung (vor allem im Sinne eines Wovor).

Anliegen des Supervisors im Ansatz der Werteorientlerten Supervision

Supervision im Ansatz der Werteorientierten Supervision ist immer Begleitung auf Zeit. Der Werteorientierte Supervisionsansatz ist insofern integrativ, als er auf ein breites Spektrum von Methoden, Instrumenten und Interventionen zurückgreift. Die gewählten Methoden, Instrumente und Interventionen haben eine "dienende' Funktion, Im Zentrum der Aufmerksamkeit steht immer der Supervisand - sei es eine Einzelperson, eine Gruppe oder ein Team - in seiner persönlichen Berufs- und Arbeitswelt mit ganz spezifischen Anliegen, Herausforderungen, Fragen und Problemen.

Der Supervisor im Ansatz der Werteorientierten Supervision

unterstützt bei der Entwicklung und Verankerung von Wertesystemen als Orientierungsleitlinien für Einstellungen, Verhalten und Handeln.

fordert individuelle Deutungsprozesse zum Verständnis von Konflikten, indem er die den Konflikten zugrundeliegenden Werte bewusst und transparent macht.

fördert ein Denken-und-Fühlen-vom-anderen-her und die Fähigkeit zur Ichdistanzierung und Ichtranszendenz.

denkt in Beziehungsgefügen und sprengt eingefahrene Beobachtungs-, Unterscheidungs-, Wahrnehmungs-, Einstellungs-, Interaktions- und Verhaftensmuster.

fördert Prozesse des individuellen Sinnerlebens und der sinnvollen Beantwortung der Fragen und Herausforderungen des beruflichen Lebens.

sieht sich vor allem in den Rollen eines Katalysators, Feedbackgebers, Gesprächspartners, sozialen Spiegels und aktiven Zuhörers.

denkt prozessbezogen und ist sich bewusst, dass die Problemlösungen von Heute die Probleme von Morgen sein können bzw. sind.

fördert das Sowohl-Als-Auch-Denken im Sinne Gregory Batesons: "Es gibt immer mehr als eine Alternative".

fördert Prozesse hin zu Verantwortlichkeit und Selbstorganisationsfähigkeit.

arbeitet mit den Potentialen und Ressourcen des Supervisanden und holt ihn dort ab, wo er steht.

greift auf ein breites Spektrum kreativer Medien, Methoden und Interventionsstrategien zurück.